Nach japanischen wie chinesischen Überlieferungen ist in der Kampfkunst eine
Schulung des "Herzens" von gleicher Wichtigkeit wie die Entwicklung einer
ausgereiften Technik. Funakoshi Gichin bewertete die Herzensbildung sogar noch
höher als technisches Geschick und körperliche Fertigkeiten. Folgerichtig schrieb er
im fünften von seinen zwanzig Kernsätzen zum Karate [1]:
"Gi-jutsu yori shin-jutsu", das heißt: "Die Technik des Herzens ist bedeutsamer als
die Technik der körperlichen Geschicklichkeit."[2] Wenn man dies hört oder liest,
fragt man sich, was denn dieses "Herz" sei, dessen Bedeutung in der Kampfkunst
so hoch eingeschätzt wird. Wie, vor allem aber mit welchem Ziel, kann ihm eine
"Schulung" zukommen?
Diese Fragen führen tief in die Philosophie vom Menschen und seinem Wesen. Das
Herz steht in vielen Kulturen der Welt – in den fernöstlichen ebenso wie in den
abendländischen - für die Kräfte des Geistes, der Seele und des Gemüts. Mit dem
Begriff des "Herzens" – auf japanisch lautet er shin oder kokoro - wird also nicht
auf die Körperlichkeit des in der Brust unermüdlich schlagenden Organs verwiesen,
sondern vielmehr ein Sinnbild für die psychischen Kräfte des Menschen errichtet.
Shin bezeichnet die Regungen des inneren, geistigen Menschen in ihrer gesamten
Unergründlichkeit und Rätselhaftigkeit: Verstand und Klarheit, Erleuchtung und
Frieden, Liebe, Güte und Weisheit, aber auch Lüge, Niedertracht, Angst und
Feigheit, Verwirrung, Furcht und Unsicherheit. Eine erschöpfende Aufzählung
dessen, was das "Herz" oder den Geist des Menschen ausmacht, ist sicherlich nicht
möglich, umschließt es doch alle Himmel und Höllen, alle Niederungen und Höhen des
Seelenlebens, alles, was zwischen Edlem und Verruchtem das Menschsein umspannt.
Shin, das Herz, ist also umfassender Ausdruck aller Kräfte und Regungen unseres
verborgensten Wesens. Ist nun schon dieses Seelengeheimnis selbst kaum in Worte
zu fassen, wie viel mehr ist es der Vorgang der Herzensbildung, den Funakoshi im
Rahmen der Kampfkunst shin-jutsu, also "Technik des Herzens" nennt. So wird
verständlich, weshalb die verschiedenen Quellen, die uns von den großen
Kampfkunstmeistern, Philosophen und Weisen Ostasiens überliefert wurden, so
vieldeutig und unscharf vom Schulen, Bilden, Formen, Schmieden oder Beruhigen des
Herzens sprechen. Unter wie vielen Gesichtspunkten und Prämissen kann doch
Herzensbildung betrieben werden! Alle Fragen der Ethik werden in ihrem
Zusammenhang berührt. Das Selbstbild des Menschen von sich in der Welt, sein
Verhältnis zu den Mitmenschen, zu Gesellschaft und Staat und nicht zuletzt zur
Religion spielt dabei eine entscheidende Rolle. Keinesfalls kann davon ausgegangen
werden, daß die Herzensbildung eine Angelegenheit sei, die ein Lehrer oder
Meister losgelöst von allen Weltanschauungen und gesellschaftlichen Gegebenheiten
im Schüler anzuregen versucht.
Wer sich für den weiteren Text interessiert, hier ist der Link.
Und ich fand noch etwas, einen "GroßPosaunisten" (den verlinke ich hier nicht, muss
man schon selber finden), der sich als Stein der Weisen maskiert, und eine sehr
schöne Seite, in der aus einem Buch zitiert wird:
„Wenn Liebe in ihrer reinsten Form erscheint, erkennen sie die Menschen nicht, weil
sie von ihr erwarten, etwas anderes zu sein, als sie ist. So war es immer, und so ist
es auch mit dir. Die Liebe kommt, und sie bleibt dir verborgen. Du versuchst
ständig, sie zu etwas zu machen, was sie nicht sein kann. Du möchtest, dass sich
Liebe gut anfühlt. Manchmal ist das der Fall, manchmal nicht. Du möchtest, dass dir
die Liebe ein gutes Gefühl dir selbst gegenüber vermittelt, doch zuweilen enthüllt
sie Dinge, die du an dir selbst verabscheust. Liebe führt dich zurück in tiefere
Schichten deines Wesens, hin zu deinen Anfängen, oder sie treibt dich voran in neue
Bereiche, zu deinem Ende hin. Liebe ist der Anfang und das Ende. Liebe ist die
Essenz, der alle Dinge entstammen und zu der alles hinstrebt. Sie ist die innere
Natur des Universums. Sobald du ihr begegnest, wirst du verwandelt; du musst
verwandelt werden, denn die Liebe ist ständig im Wandel begriffen."
Hier ist der Link
zu dem Textauszug mit dem Verweis auf das Buch.
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